Die Selbstentspannung

Vertrauen und Gelassenheit durch regelmäßige Selbstentspannung
Auszug aus dem Buch „La Scienza della Vita“ von Amadio Bianchi, übersetzt von Christine Henss

Ohne den Hauch eines Zweifels hat der heutige Mensch die Fähigkeit zur Entspannung durch sein Verhalten geschädigt oder schon eingebüßt.

Aufgrund der ständigen Sorgen, die das moderne Leben häufig mit sich bringt, lebt er dauernd in Anspannung und wie in einer Art Wachzustand, insbesondere wenn es ihm nicht gelingt, seine Alltagssorgen mit einer gewissen Distanz zu betrachten und zu bewältigen.
Die daraus resultierenden Spannungen wandern in den Körper und verwandeln sich in Kontraktionen, die Tag und Nacht aktiv sind und in kurzer Zeit die gesamte Energie rauben.
Um zu verstehen, was genau passiert, balle man die Hand mit Gewalt zur Faust und halte die Kontraktion so lange wie möglich. Nach einer Weile möchte man das Experiment beenden, weil der entstehende Energieverbrauch ermüdet, und genau das geschieht bei jeder Anspannung im Körper, ob klein oder groß, bewusst oder unbewusst. Selbst wenn man die Stirn runzelt, bedeutet dies einen langsamen, aber steten Energieverlust.

Entspannung verbessern durch Bewusstheit
Der erste und wichtigste Weg, um die Qualität der Entspannung zu verbessern bzw. wiederherzustellen, ist der Weg der Bewusstheit. Es ist der Bewusstheit zu verdanken, dass wir herausfinden, wo sich unsere Spannungen im Körper manifestieren. Und es ist der Bewusstheit zu verdanken, dass wir eingreifen können, indem wir Einstellungen und Gewohnheiten ändern, auch chronische, die Bluthochdruck und nervöse Störungen verursachen.
Viele Menschen tendieren selbst während des Schlafs dazu, die Kiefer zusammenzupressen oder andere Körperteile anzuspannen und sind natürlich prädestiniert dafür, schlecht aus dem Bett zu kommen. Normalerweise beginnen sie ihren Tag dann auch müde, bevor sie überhaupt zu arbeiten begonnen haben.
All dies führt zu einer Anhäufung von Spannungen, die heutzutage unter dem Namen Stress bekannt ist. Es ist ratsam, ein paar Minuten am Tag der unten empfohlenen Praxis zu widmen, bevor es zu spät ist.

Loslassen
Schafft euch am Ende eures Arbeitstages oder wann immer ihr die Gelegenheit findet, in einem angenehmen Ambiente die geeigneten Bedingungen (also so geräuscharm und störungsfrei wie möglich), legt euch auf den Boden und lasst den Körper los. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Bedeutung des Wortes: loslassen.
Es ist sehr schwierig, ein völliges Loslassen zu erkennen, denn dazu müssen wir das Vertrauen wieder herstellen, das der Mensch auf dem Feld seiner verlorenen Schlachten gelassen hat. Zumindest glaubt er das, bis er herausfindet, dass die verlorenen Schlachten eigentlich große innere Wachstumsmomente sind.
Legt euch also vertrauensvoll hin und werdet euch eures ganzen Körpers bewusst. Lasst eure Fußspitzen nach außen fallen und dreht eure Handflächen nach oben, um eurem Tastsinn die materielle Ebene zu entziehen. Nähert euer Kinn leicht dem Brustbein, um die Krümmung der Halswirbelsäule zu verringern, und löst eure Gesichtsmuskulatur, indem ihr alle Partien entspannt (ihr wisst, dass das Gesicht für einen Experten als Karte der mentalen Spannungen gilt).
Versucht einige Momente, euch bestmöglich auf eure eigene Weise zu entspannen, und sagt euch konkret: Ich entspanne mich. Dies dient dazu, eure Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was ihr gerade tut. Durchlauft mental euren gesamten Körper und löst alle Kontraktionen, die euch begegnen. Versucht bis zum Ende der Übung bewegungslos zu bleiben.
Jetzt werdet ihr feststellen, dass es wirklich schwierig ist, sich von den gewohnten Inhalten des Geistes abzulenken, die aus Erinnerungen an das, was während des Tages oder sogar in der Vergangenheit passiert ist, bestehen. Den Weg der Bewusstheit begeht man jedoch nur in der Gegenwart.

Gegenwärtigkeit
Das "Hier und Jetzt", wie die östlichen Schulen beteuern, ist das einzige, was wirklich zählt. Wie viele Menschen ruinieren tatsächlich ihr Leben, indem sie in unangenehme Erfahrungen der Vergangenheit eintauchen, mittlerweile unempfindlich gegenüber den Botschaften der Freude und des Vergnügens, die die Natur ihnen ständig sendet? Ich sage das, damit ihr die angenehme Nachricht begreift, welche die hier vorgeschlagene Entspannungstechnik beinhaltet. Denn es ist ein Moment, der zu eurer Gegenwart gehört, ein Moment der Freude; der Freude, sich zu fühlen und sich von der universellen Energie durchdringen zu lassen. Letzteres kann geschehen, sobald die richtigen Umstände eingetreten sind: Wenn sich Körper und Geist in einem spannungsfreien Zustand befinden und sich für die Durchflutung der universellen Energie öffnen können.
Der beste Weg, den Geist kontinuierlich in der Gegenwart zu halten, ist die Konzentration auf den Atem. Gleichzeitig kann man damit auch die emotionale Ebene unter Kontrolle halten. Indem man den Luftstrom, der durch die Nasenlöcher in die Lunge gelangt, so reguliert und ausgleicht, dass Ein- und Ausatmung gleich lang sind, erreicht man einen großartigen Zustand der Harmonie und des Gleichgewichts. Lasst das Ein- und Ausatmen jeweils 6 Sekunden dauern und zählt im Geiste mit. Fahrt solange fort, bis eure eingeplante Übungszeit abgelaufen ist. Kehrt achtsam und sachte zurück, indem ihr noch in der körperlichen Bewegungslosigkeit die Aufmerksamkeit zurück auf den Körper, die physische Ebene, lenkt und euch dabei mental auf Bewegung einstellt.
Beginnt erst die Zehen, dann die Finger zu bewegen. Dreht euren Kopf sanft nach rechts und nach links und lasst euch allmählich auf größere Bewegungen ein, bis ihr den Drang verspürt, euch zu strecken, als wärt ihr gerade aufgewacht. Kommt ganz in Ruhe zum Sitzen und steht erst auf, wenn ihr euch bereit dazu fühlt.
Die Übung ist zu Ende.

Wird die Selbstentspannung regelmäßig praktiziert, kommt der Geist immer mehr zur Ruhe und es fällt leichter, den alltäglichen Anforderungen mit Gelassenheit zu begegnen. Das wiederholte Loslassen des Körpers bereitet den Boden für allgegenwärtiges Vertrauen in den kosmischen Plan.
 
© 2020 - C. Y.  SURYA - MILAN (ITALY)