Sapta Bindu : Die 7 Energiepunkte des Kopfes

Das Gehirn und der Geist als Verbindungsglied zwischen Himmel und Erde
Auszug aus dem Buch „La Scienza della Vita“ von Amadio Bianchi, übersetzt von Christine Henss

Laut einer indischen Überlieferung ist das Bewusstsein eine Eigenschaft der Schöpfung. Das menschliche Hirn, wenn hinreichend entwickelt, ist demnach ein Werkzeug, das der Anpassung des Menschen an die Lebensumstände dient und ihm ermöglicht, das Potential der sieben verschiedenen Bewusstseinsebenen auszuschöpfen.

Dieses Phänomen ist vergleichbar mit dem Sonnenlicht, das durch ein Prisma in sieben Farbspektren, mit einer immer geringeren Wellenlänge von rot bis violett, aufgefächert wird. Die Sonne repräsentiert die kosmische Bewusstheit, das Prisma das Gehirn und die sieben Farbstrahlen die sieben Eigenschaften des Bewusstseins, die sich in den jeweils entsprechenden Hirnregionen befinden. Jeder Bereich gipfelt in einem Schwerpunkt (=Bindu/Marman), der bei korrekter Stimulierung die zugehörigen Funktionen fördern kann.

 

7 Energiepunkte im Einzelnen

Die im Folgenden beschriebenen 7 Energie- bzw. Konzentrationspunkte können also die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bereichs besonders steigern und Geist und Psyche beeinflussen, um zu höheren Bewusstseinsebenen zu gelangen:

 

1. Sthapanī Marman, auch als 3. Auge bekannt, befindet sich zwischen den Augenbrauen und ist der Schwerpunkt des Hirnbereichs der Unterscheidungsfähigkeit. Wenn ordnungsgemäß entwickelt, sind schnelle Entscheidungsfähigkeit gegeben sowie mentale Klarheit, die durch Zweifel hervorgerufenes Leid auflöst. Stimuliert man dieses Marman, werden außer Unterscheidungsfähigkeit auch Willens- und Entschlusskraft, Durchsetzungsvermögen und eine klare Vision gefördert. Die Inder erinnern sich der Wichtigkeit dieses Punktes bis heute, indem sie sich dort täglich ein Zeichen, das sogenannte Tilaka, setzen.

 

Bei Überfunktion dieses Hirnareals bestätigen einige indische Gurus die Neigung zu Machthunger, Machtmissbrauch und eine Tendenz zu Übergriffigkeit, Gewalttätigkeit und Unterdrückung. Eine Unterfunktion zeigt sich in Zweifel und Unentschlossenheit.

 

2. Sīmanta Marman (anterior=vorn), liegt auf dem Gipfel der Stirn ein wenig oberhalb des Haaransatzes und ist Kernpunkt für die Hirnregion, die Bewusstseinserfahrungen von Gegenwart und Zukunft ermöglicht, vergleichbar mit einem Radar, der Informationen aus dem Kosmos erfasst.

Ein gut entwickeltes Sīmanta Marman (anterior) beglückt uns mit Gegenwartserfahrungen (im Hier + Jetzt sein) und guter Konzentrationsfähigkeit.

Eine Überfunktion kann zu Hellsichtigkeit führen, die emotionale Verwirrung und dadurch erschwerte Entscheidungsfindung auslöst. Geistige und körperliche Störungen oder zumindest Unausgeglichenheiten sind nach indischer Überlieferung die Folge.

Eine Unterfunktion äußert sich in Fixierungen und eigenartigen Identifikationen (wie z.B. „Ich bin Napoleon.“). Auf der Körperebene kann es zu häufigem Kopfschmerz kommen.

 

3. Adhipati Marman

Das dritte Bindu, das auf der Oberseite des Kopfes, der Fontanelle liegt, ist der Gipfelpunkt des Gehirnbereichs, der uns die höchsten intuitiven Erfahrungen erlaubt. Er wird als Brahmārandhra, „die Tür von Brahmā" angesehen, da man von hier aus auf die außergewöhnlichste Erfahrung zugreifen kann. Dieser Bereich wird dem siebten Chakra zugeordnet, das die gewöhnliche körperliche Ebene übersteigt. Daher wäre dies der Ausgangspunkt für die spirituelle Verwirklichung, die Befreiung von Samsara (Zyklus der Existenzen). Auch die Erfahrung des Bewusstseins der Nicht-Dualität, Erfindungsreichtum und Lösungsorientierung im Alltag werden mit diesem Bindu assoziiert.

Besteht hier eine Unterfunktion ergibt sich ein Mangel an Pragmatik und Kreativität.

 

4. Sīmanta Marman (posterior=hinten)

Ca. zwei Finger breit hinter dem dritten Marman, dort wo Mönchstonsur und Kippa beheimatet sind und wo einige Gruppierungen, die sich den Kopf kahlscheren, einen kleinen Haarbüschel stehen lassen, gipfelt das vierte Bindu. Der zugehörige Hirnbereich (der Erfahrungen) ist der des sozialen Bewusstseins und des kollektiven Gedächtnisses, wie zum Beispiel das genetische und das Rassengedächtnis.

Empfindsame Menschen können von Phobien vor z.B. Mäusen, Spinnen und Schlangen geplagt werden, die in Anbetracht der derzeitigen Lebensverhältnisse dieser Tiere auf unserem Planeten ungerechtfertigt scheinen. Offensichtlich nähren sich diese Phobien aus kollektiven Erfahrungen, die unsere Vorfahren erlebt und uns subtil übermittelt haben. Die Mäuse waren beispielsweise in der Vergangenheit für die Ausbreitung schrecklicher Seuchen in Europa verantwortlich.

 

5. Kṛkāṭikā Marman

Der fünfte Punkt sitzt am Hinterkopf, dort wo der Kopf auf dem Boden liegt, wenn das Kinn näher an das Brustbein herangeführt wird. Er gilt als Eckpfeiler des Bereichs der Steuerung der Atemfunktionen, des Unterbewusstseins und des individuellen Gedächtnisses. Eine Überfunktion dieser Region kann ein unkontrolliertes Auftauchen der berühmten Samskaras hervorrufen oder auch Eindrücke, die mit einer Sinneserfahrung verbunden sind, wieder erwecken. Ein Kurzschluss (z.B. durch einen Unfall verursacht) würde einen Ausfall des individuellen Gedächtnisses bis hin zur totalen Amnesie verursachen.

Bei Unterfunktion des Kṛkāṭikā Bindu ist das Anhaften an Dinge aus der Vergangenheit charakteristisch; man kann einfach nichts fortwerfen…

 

6. Ajñā Marman

Das sechste Bindu befindet sich in der Mitte des Kopfes, in der Nähe der Zirbeldrüse, und wird mit dem inneren Sehen, dem sogenannten „Aham oder "Ich bin"-Bewusstsein assoziiert. Im Falle einer Überreiztheit der zu āā-Bindu zugehörigen Hirnregion warnen indische Kenner vor gewissen Halluzinationen, insbesondere den mystischen Visionen, denen einige Meditierende auflaufen. Realitätsentfremdung kann daraus resultieren. Das āā-Bindu hat eine Verbindung zum endokrinen System und der Schilddrüsenfunktion.

 

7. Trikūṭa Marman

Trikūṭa Bindu, Punkt der dreidimensionalen Vision, ist, wie das Wort andeutet, sogar außerhalb des Körpers zu lokalisieren, etwa 10-12 cm über dem Kopf in der energetischen Prāṇahülle (Prāṇamaya Kośa) die den ganzen Körper umgibt und die trotz extremer Feinstofflichkeit noch absolut stofflich/materiell ist.

Wenn wir eine Bewusstseinserfahrung erleben, die mit diesem Punkt verbunden ist, haben wir das Gefühl, uns außerhalb unseres Körpers zu befinden. Es passiert manchmal in der Meditation oder in bestimmten Bewusstseinszuständen, auch traumatischen Ursprungs wie z.B. einem Autounfall, dass das normale Bewusstsein, das mehr mit sensorischer Aktivität verbunden ist, verloren geht (Nahtoderfahrung).

 
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